Das seit 125 Jahren aktive Unternehmen hat bisher über 3000 Brücken im In- und Ausland im Holz- und Stahlbau gebaut. Die vor drei Jahren neu errichteten, rund 13.000 m² großen Produktionshallen für die Herstellung und Sanierung von Fuß- und Radwegbrücken liegen direkt an der A31 in Niederlangen. Bauteile bis zu 60 Metern Länge und fünf Metern Breite, sowie mit einem Maximalgewicht von 80 Tonnen können als komplette Einzelstücke hergestellt oder saniert werden. So ist es auch für die Wickeder Ruhrbogenbrücke vorgesehen. Für die Tiefbauarbeiten, die bei Pfeilerfundamenten und Rampen anfallen, plant Schmees und Lühn die Zusammenarbeit mit einem heimischen Fachunternehmen, das bereits verlässlich Wickeder Baustellen bearbeitet hat. Bürgermeister Martin Michalzik informierte sich vor einigen Tagen persönlich vor Ort über die Leistungsfähigkeit des Anbieters. Sein Eindruck war positiv. In jüngster Zeit hat das Unternehmen u.a. in nur 100 Stunden eine entsprechend komplett vorgefertige Brücke über den Bahnhof von Zwolle in den Niederlanden gebaut. ,,Wir freuen uns auf Wickede, weil wir überzeugt sind, für das Projekt, die Planung und die damit verbundenen Herausforderungen wirklich gut aufgestellt zu sein“, so die Geschäftsführer Josef Schmees und Tobias Tebbe.
Zwanzig Unternehmen hatten sich für das Wickeder Projekt interessiert, drei gaben ein Angebot ab. Dabei liegt auch das wirtschaftlichste Gebot höher als durch die fachplanenden Ingenieure aus Münster noch im Herbst für die Ausschreibung kalkuliert worden war. Auch wenn Rat und Verwaltung daher jetzt in der Ratssitzung am 8. April die Option für eine Aussichtskanzel verwarfen, die rund 75.000 Euro gekostet hätte, erhöhen sich die jetzt vergebenen Brückenbau- und Wegeanschlusskosten von kalkulierten rund 5,7 auf jetzt 6,7 Mio. Euro. Große Unsicherheiten bzw. jüngste Bewegungen im Materialmarkt, insbesondere bei Stahlpreisen, aber auch Ungewissheiten über Inflation und Tariflohnentwicklungen während der Projektzeit wirkten sich aus – ebenso der große Aufwand, den die umfangreichen Schutzauflagen für Landschaft und Fluss bei kurzen Sommer-Zeitfenstern bedeuten, in denen überhaupt Bauarbeiten möglich sind. Unter anderem sind beim Rückbau des Altstegs asbestbelastete Rohrleitungen zu entsorgen. Über die Ausschreibungsergebnisse wurde der Rat bereits am 8. April informiert, die Auftragsbestätigung ging jetzt ein. Zum Vorhaben gehören weiterhin Kosten für Planungsleistungen und Umweltschutz.
Vergaberecht muss beachtet werden
Die Gemeinde ist zur Auftragsvergabe verpflichtet – ein ,,Ausstieg“ aus einer öffentlichen Ausschreibung ist nur möglich, wenn die günstigsten Angebotssummen 30 Prozent oder mehr möglich über kalkulierten Kosten liegen. Aussichten auf bessere Preise wären selbst dann erfahrungsgemäß nicht damit verbunden, schätzen Bürgermeister und Fachamt ein: ,,Tatsächlich können wir wie beim Bürgerhaus auch hier davon ausgehen, dass wir glücklicherweise überhaupt noch mit Fördermöglichkeiten arbeiten können, die für die weitere Zukunft sehr fraglich sind,“ so Bürgermeister Michalzik. Da es sich um objektiv höhere Kosten im Marktgeschehen handelt, wird die Verwaltung bei den Förderstellen erkunden, ob dafür – wie zuletzt beim Hochwasserschutz an der Ruhr - eine Mitfinanzierung möglich ist. Da Wickede ebenso wie andere kleine und mittleren Kommunen keine eigenen Brückenbauingenieure hat, war nach Vergaberecht europaweit ein erfahrenes Planungsbüro für die Planung und Bauleitung zu suchen. Dieses wurde mit w&b-Ingenieure in Münster gefunden. Das Ergebnis der Ausschreibung zeigt, dass es bei den derzeitigen wirtschaftlichen Unsicherheiten im In- und Ausland selbst kundige Planer schwer haben, noch exakte Prognosen für Projekte zu machen.
Neubau ist sachlich, wirtschaftlich und umsetzungssicher die beste Wahl
Die neue Brücke soll über die nächste Jahrhundertwende hinaus für eine sichere Ruhrquerung sorgen. Diese hat an dieser Stelle für die innerörtliche Verbindung zwischen Wickede und Echthausen, das inzwischen durch das Neubaugebiet deutlich gewachsen ist, große Bedeutung. Sie ist zudem die einzig mögliche sichere Ruhrpassage für bis zu 100.000 Menschen auf dem Ruhrtalradweg. Sonst bliebe einheimischen und Radtouristen nur der gefährliche Weg auf der Landstraße unterhalb des Echthauser Waldes. Diese Argumente überzeugten auch das Bundes- und Landesverkehrsministerium Ende 2024, einen 90prozentigen Zuschuss zu bewilligen.
2021 hatte eine Brückenprüfung ergeben, dass das Tragwerk für den aktuell genutzten, nur 1,5 Meter breiten Steg auf der Eisenbahnbrücke (Baujahr 1977/78) so stark verfallen ist und weiter verfällt, dass eine Reparatur nicht möglich ist und der Prüfstatiker die Brücke 2027 ,,mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ stilllegen wird. Auf den Pfeilern der alten Eisenbahnbrücke ist völlig unsicher, ob ein Neuaufbau möglich wäre, zumal alle Unterlagen zum Bauwerk im Eisenbahnarchiv Hagen bei Hochwasser verloren gingen. Eine größere Breite wäre statisch nicht möglich und damit auch eine Förderung ausgeschlossen. Baukosten von zwei bis drei Mio. Euro, die auch hier in jedem Fall entstanden wären, wären dann allein durch die Gemeinde bezahlen gewesen. Vor allem wäre bis zum Ende aller langfristigen Planungen weiterhin völlig unsicher, ob überhaupt und mit welchen Bedingungen eine Zustimmung der unterschiedlichen Bahnbehörden möglich gewesen wäre. Die lange Verfahrensdauer hätte zudem das Risiko weiterer Preissteigerungen beinhaltet und die ökologischen Auflagen für den Natur- und Wasserschutz wären vergleichbar groß gewesen, da in jedem Fall ein großer Kran nötig wird und asbestbelastete Rohre einer alten Abwasserleitung unter dem alten Steg zurückgebaut werden müssen.
Der Neubau ermöglicht ohne mehrjährige Unterbrechung der Ruhrquerung die auf sehr lange Sicht bessere Lösung. Die Ruhrbogenbrücke wird für Radfahrer und Fussgänger mit 4 Metern eine ausreichend sichere Breite, gute Beleuchtung und Reinigungs- und Streumöglichkeiten durch Kleinfahrzeuge des Bauhofes bieten. Zudem schließt der Eigenbau aus, in kommenden Jahren einmal von einer Sanierung der Eisenbahnbrücke nachteilig betroffen zu sein. Sie könnte bedeuten, das Wickeder Bauwerk zeitweise sperren, während der großen Brückenarbeiten abbauen oder je nach künftigen Bahnplänen dann ganz beseitigen zu müssen.
Das Projekt geht mit einer ökologischen Aufwertung der Ruhraue einher. Im Rahmen dieser Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in die Natur, den die Bauarbeiten bedeuten, wurde jetzt u.a. eine zusätzliche Überflutungsrinne am Stauwehr angelegt.
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